Und täglich grüßt die Stechuhr
Das Theater Feuerblau liefert mit „Sisyphos 2.0“ ein Stück für Erwachsene, dass die Geschichte von Sisyphos und seiner nie wollenden sinnlosen Tätigkeit auf die heutige Zeit und die moderne Arbeitswelt überträgt und dabei fragt, ob man in dieser Leistungsgesellschaft denn überhaupt glücklich werden kann.
Der antike Mythos ist bekannt: Der kluge Sisyphos schafft es mehrmals die Götter und den Tod zu überlisten. Als Strafe wird er verdammt auf ewig einer sinnlosen Tätigkeit nachgehen zu müssen. Sisyphos muss einen Stein auf einen Berg hinauf rollen, der, sobald er oben ankommt, wieder hinunterrollt und das Spiel von vorne beginnen lässt.
In diesem Stück treffen wir auf Sisyphos 2.0: Herr K. hat soeben ein Bewerbungsgespräch hinter sich gebracht und kann sein Glück kaum fassen, endlich seinen Platz in der Arbeitswelt gefunden zu haben. Enthusiastisch geht er seiner Aufgabe nach: Der Drucker spuckt regelmäßig Blätter aus und her K. tippt den darauf befindlichen Text in seinen Computer ein. Dann schreddert er das Blatt Papier und das ganze beginnt von vorne. Zwischendurch versucht er seinen Bürosessel richtig einzustellen und seinen Arbeitsplatz mit Pflanzen zu verschönern. Angeleitet wird er stets von einer weiblich klingenden Computerstimme, die ihn bestimmt auf falsche Schritte hinweist. Doch Herr K. scheint glücklich mit der Situation zu sein und ruft: „Meine Arbeit bestimmt mein ganzes Leben! Ich brenne für meinen Job!“.
Doch jedes Mal, wenn das Horn erneut zur Arbeit ruft, wird diese überfordernder. Der Drucker spuckt immer mehr Blätter aus und der Papierberg ist für Herrn K. nicht mehr zu bewältigen. Seine Verzweiflung nimmt zu, aber die Computerstimme weist ihn nur darauf hin, seine tägliche Pflicht zu erfüllen.
Die Stimmung wird immer bedrohlicher und schließlich stellt das Stück die Frage, ob Herr K. dem Kreislauf dieser sinnlosen Tätigkeit entkommen kann und wie. Und falls es möglich ist, was passiert dann mit seiner Arbeit, die dennoch erledigt werden muss?
Begleitet wird der beinahe Soloauftritt von Klaus Seewald von verschiedensten Soundeffekten und musikalischen Elementen, die sowohl die Stimmung als auch die Tätigkeiten des Protagonisten perfekt unterstreichen. So ersetzen die Soundeffekte fehlende Requisiten wie die Bürokaffeemaschine. Besonderes Highlight: Flippergeräusche ertönen und Herr K. wird wie der Ball in einem Spielautomaten quer durch den Büroalltag herumgewirbelt.
Besonders hervorzuheben ist an diesem Abend die schauspielerische Leistung von Klaus Seewald, der auch körperlich alles gibt. Beim Workoutprogramm der Arbeitsstelle turnt er wie wild am Boden und als Marionette lässt er sich von Monika Zöhrer durch den ganzen Bühnenraum dirigieren. Ständig sind seine Bewegungen mit den vielfachen Soundeffekten und der Musik im Einklang und schaffen ein schönes Gesamtbild. Die wachsende Verzweiflung Herrn K.s kauft man ihm bis in die letzten Reihen ab und spürt man bis in die Knochen, wenn dieser feststellt: „Ich warte die ganze Woche auf Freitag, das ganze Jahr auf den Sommer und das ganze Leben auf das Glück“.
Sisyphos 2.0 schafft es diese Stimmung bis zum Ende des Stücks tief im Raum zu verankern und als die beiden Schauspieler sich zum letzten Mal verbeugt haben, herrscht absolute Ruhe im Raum. Ein sehr gelungener Theaterabend, der zum Nachdenken über die Leistungsgesellschaft und deren Sinnhaftigkeit anregt. Mutige Stücke wie diese sollten auf jeden Fall einen Besuch wert sein.
Kulturreferat der ÖH Uni Graz, Teresa Guggenberger